Ranga Yogeshwar ist Physiker, Fernsehmoderator, Bestsellerautor und einer der bekanntesten Wissenschaftsjournalisten im deutschsprachigen Raum. Er wurde 1959 in Luxemburg als Sohn eines indischen Ingenieurs und einer luxemburgischen Künstlerin geboren und studierte Experimentelle Elementarteilchenphysik und Astrophysik. Sein neuestes Buch „Nächste Ausfahrt Zukunft. Geschichten aus einer Welt im Wandel“ untersucht die Auswirkungen von Innovation auf unsere Gesellschaft. Während der Startwoche der Leuphana im Oktober 2020 hielt er einen Vortrag über Digitalisierung unter dem Motto „Future::Cities“ (nachzusehen hier) und stellte sich der Diskussion mit den Studierenden.
Herr Yogeshwar, wie sehen unsere Städte der Zukunft aus?
Die Städte der Zukunft werden zu Wohnorten einer Mehrheit der Weltbevölkerung. Über den deutschen Tellerrand hinaus ist der Trend von Megacities bereits sehr ausgeprägt, zum Beispiel in Südostasien. Extreme Verdichtung muss spezielle Kriterien wie Luftqualität erfüllen. Darüber hinaus stellen diese Städte die Mobilitätsfrage neu, auch weil Corona durch digitale Arbeit im Homeoffice die Pendlerströme reduziert. Die Kernstruktur großer Städte wird in viele Kleinstädte mit lokalen Bezügen unterteilt werden, wie wir es in Berlin beobachten. Meine Sorge ist, dass wir uns auf ein gefährliches Spiel von „Gated Communities“ einlassen. In einigen Ländern führt die Städteplanung zum Auseinander-Dirigieren sozialer Gruppen mit Revieren für ganz reiche und ganz arme Menschen. Man hat versucht, den Trend einige Zeitlang zu verhindern – jetzt erreicht er auch Deutschland. Dann werden diese Städte zu Konfliktfeldern zwischen Arm und Reich, eine Herausforderung, die wir zu lösen haben.Eine spannende Frage ist auch, wie Zukunftsstädte ihre Funktionalität neu definieren. Sie wurden ursprünglich um Märkte und Kirchen herum gebaut – die sind heute völlig transformiert oder leer. Ich bin außerdem ein starker Verfechter davon, den ländlichen Raum einzubeziehen. Wie Rilke schon sagte:
Oder ist das die Angst, in der ich bin? die tiefe Angst der übergroßen Städte, in die du mich gestellt hast bis ans Kinn?
Sie arbeiten als Journalist an der Schnittstelle von Wissenschaft und Gesellschaft. Warum?
Wir leben in einer Zeit massiver Umbrüche, die im Wesentlichen von innovativen Technologien getrieben wird. Mein Ziel als jemand, der die Demokratie liebt, ist diese zu stärken und die Bürger nicht zu entmündigen, sondern den Fortschritt mit einem Großteil der Menschheit gemeinsam zu gestalten.
Wie würden Sie beginnen, die Welt zu verändern?
Ich würde den Blick für das Ganze schärfen und Egoismus nicht zum Prinzip des Handelns erhöhen. Globale und soziale Probleme lösen wir nur, indem wir ihre Dimension erkennen und internationale Empathie erbringen. Wir können uns durch Zäune nicht vor dieser Verantwortung drücken. Stattdessen will ich ein Bewusstsein für den gesamten Planeten und die gesamte Menschheit entwickeln.
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Dieser Artikel wurde im Lüneburger Stadtmagazin Quadrat 11-2020 leicht verändert erstveröffentlicht. Die Bildrechte liegen bei Ranga Yogeshwar/©H. Gesch.